An dieser Stelle teile ich einige meiner Erfahrungen und Gedanken über Trauer, Sterben und das Leben. Um zu informieren, inspirieren und vor allem zu enttabuisieren. Ich freue mich, wenn Du meine Beiträge kommentierst, teilst oder auch Wünsche für neue Themen einbringst.
Alles Liebe
Petra
2024-05-31
Heute möchte ich mich zunächst für die zahlreichen Rückmeldungen und Kommentare bedanken, die mich auf verschiedenen Wegen erreicht haben! Es freut mich sehr, dass ein Austausch über Trauer und Sterben in Gang kommt und es wäre wunderbar, wenn das nicht nur hier, sondern auch in Deinem Umfeld passiert. Denn nur, wenn wir darüber reden, beginnt das grosse Tabu nach und nach zu bröckeln. Ich wünsche Dir viel Freude beim Lesen und freue mich, wenn Du meinen Blog teilst und natürlich auf deine Rückmeldung!
«Du musst loslassen!»
Allzu oft hören Trauernde Sätze, wie diesen. Für den Dipl.-Psychologen Roland Kachler steht nicht das Loslassen, sondern die Liebe und das Schaffen einer neuen Beziehung zu den Verstorbenen im Vordergrund.
Was für eine Erleichterung! Ich muss gar nicht loslassen? Also natürlich muss ich körperlich loslassen, aber die emotionale Verbindung darf bzw. soll sogar bestehen bleiben. Einfach auf eine andere Art. Häufig schwingt hierbei sicher auch etwas Angst mit. Angst, dass der Tod so nie akzeptiert wird, die Augen vor der Realität verschlossen werden und die Trauer nie endet.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Es wäre doch grausam und unvorstellbar, wenn die verstorbene Person nach ihrem Tod einfach ausgeblendet, verleugnet oder gar vergessen würde. Und doch erlebe ich genau das manchmal. Dass der Name nicht mehr über die Lippen kommt, nicht mehr über Verstorbene gesprochen wird oder jüngere Familienmitglieder nie etwas von ihrer Existenz erfahren. Als würde die Trauer dadurch leichter werden. Vielleicht für eine Weile, aber irgendwann bahnt sie sich ihren Weg an die Oberfläche und kommt zum Vorschein. Dann meistens umso geballter, intensiver und völlig unerwartet.
Erinnerungen und Rituale schaffen
Erinnerungen sind so wertvoll. Damit lassen sich die Verstorbenen weiterhin in unser Leben integrieren. Auch für unsere Kinder. Mein Sohn soll wissen, dass er nicht nur eine Schwester hat, sondern auch einen grossen Bruder. Sie sollen wissen, dass ihre Mama den Sturkopf von Oma Lissi hat, dass diese ihnen sicherlich stundenlang vorgelesen hätte und der nervige Spruch «kleine, heisse Schlücke» beim Erkältungstee-Trinken auf ihren Mist gewachsen ist.
Es darf aus ihrer Lieblingstasse getrunken, ihr Halstuch getragen oder ihr Parfum benutzt werden. Ohne schlechtes Gewissen, Hemmungen und der Scham, was andere davon halten. Denn es sind Deine Erinnerungen, die Eure gemeinsame Zeit in Ehren halten. Ich will mich immer wieder an schöne, weniger schöne, lustige, traurige und bunte Momente mit meiner Mama und Manuel erinnern. Darum rede ich von ihnen - wann immer mir danach ist.
Rituale können zudem Halt und Orientierung geben. Orientierung in einer Zeit, in der jeglicher Lichtblick fehlt. Halt, wo kein Boden mehr unter den Füssen vorhanden ist. Das kann beispielsweise ein Abschieds-, Vergebungs-, Dankbarkeitsritual sein oder etwas Alltäglicheres, wie z. B. der wöchentliche Besuch des Grabes, das Führen eines Trauertagebuches, das bewusste 15-minütige Trauern jeden Tag oder das Guten-Morgen- und Gute-Nacht-Sagen beim Anblick des Fotos auf dem Nachttisch.
An dieser Stelle ist mir wichtig zu erwähnen, dass sich Rituale jederzeit verändern dürfen. Aus dem zunächst täglichen Besuch auf dem Friedhof, darf ein wöchentlicher, monatlicher oder jährlicher Besuch werden. Genauso wie das Trauertagebuch vielleicht irgendwann fertig geschrieben ist oder nur noch zu besonderen Gelegenheiten genutzt wird. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch. Es ist Dein Trauerprozess, der nur für Dich stimmig sein muss.
Verbindung zulassen
Die Vorstellung, dass die Verbindung zu meiner Mama durch ihren Tod nicht abgebrochen ist, empfinde ich als sehr beruhigend. Als ich fast verzweifelte, weil ich nicht wusste, ob ich nach Manuel eine erneute Schwangerschaft wagen sollte, kam mir irgendwann der Gedanke «Was würde Mama mir jetzt raten?». Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie mir tief in die Augen schauen, mich an den Schultern packen und sagen würde «Du wolltest zwei Kinder und die holst du dir jetzt auch». In dem Moment musste ich grinsen und wusste, dass sie Recht hatte.
Wir dürfen dem Verlangen, weiterhin mit unseren Lieben zu sprechen, ihnen zu schreiben, ihnen am Geburtstag einen Ballon in den Himmel zu schicken, beim Mädels-Treffen das Glas auf sie zu erheben, über sie zu lachen, auf sie wütend zu sein oder um sie zu weinen, nachgeben. Genau das alles lässt sie uns weiterhin nah sein - wenn auch anders als zuvor.
In diesem Sinne wünsche ich allen Trauernden den Mut, ihre ganz eigene Verbindung zu erschaffen, diese zu leben, zu verändern und nach aussen zu tragen. Auf dass SIE niemals vergessen gehen.
Alles Liebe
Petra
PS.: Hier noch meine Buchempfehlungen von Roland Kachler:
- “Was bei Trauer gut tut”
- “Meine Trauer wird dich finden”
- “Damit aus meiner Trauer Liebe wird”
Admin - 15:51:36 @ Allgemein, Trauer | Kommentar hinzufügen
JeJetzt ist es tatsächlich soweit – mein erster Blog-Beitrag ist fertig! Und wie so oft im Leben, ist er ganz anders geworden, als ursprünglich geplant. Aber das ist in Ordnung und ich verlasse mich da auch in Zukunft gerne auf meine Intuition. Das heutige Thema liegt mir m Herzen, weil mir dadurch meine Haltung zum Leben und Sterben wieder einmal bewusst wurde und ich so den gedanklichen Stein für mein Wirken als Sterbe- und Trauerbegleiterin ins Rollen brachte. Ich hoffe, dass es dich nicht abschreckt, sondern eher inspiriert und auf positive Weise zum Nachdenken anregt.
«Stell dir vor, du hättest nur noch 24 Stunden zu leben»
Das war meine erste Aufgabe in der Ausbildung zur Sterbe- und Trauerbegleiterin. Puuh, was für ein sanfter Einstieg! Wie würde ich meinen letzten Tag gestalten? Eine Party feiern? Alle Menschen, die mein Leben bereichert haben, nochmal treffen? Lieber nur mit meinen Kindern und meinem Mann die letzten Stunden verbringen? Vielleicht noch irgendetwas Ausgefallenes, Verrücktes erleben? Oder für mich allein sein? So viele Möglichkeiten und doch so wenig Zeit. Würde ich überhaupt wissen wollen, dass ich bald sterbe? Was würde es ändern? All diese Fragen haben mich zum Nachdenken gebracht - über mich, mein Leben, mein Umfeld, meine Einstellung zum Leben und zum Tod.
Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Auch um meinen Mann oder meine Schwester müsste ich mir keine Sorgen machen. Sie wären traurig, ja. Aber sie würden irgendwie ohne mich zurechtkommen. Jedoch meine beiden Kinder zurückzulassen und ohne Mama aufwachsen zu wissen, würde mir das Herz brechen. Es wäre einfach noch zu früh.
«Schreibe einen Abschiedsbrief»
Bei der zweiten Aufgabe, einem Abschiedsbrief an meine Tochter und meinen Sohn, rollten hemmungslos die Tränen. Es erscheint unmöglich in einem Brief all meine Liebe zum Ausdruck zu bringen und alles zu sagen, was ich ihnen mit auf den Weg geben will. Zum ersten Schultag, bei ihrem ersten Liebeskummer, ihrer Hochzeit, zur Geburt ihrer Kinder... Unendlich viele Momente, in denen ich einfach sagen möchte «Ich liebe dich und ich bin stolz auf dich!». Es folgten noch weitere Briefe an die wichtigsten Menschen in meinem Leben. In jedem einzelnen ging es dabei auch um meine Kinder. Diese bedingungslose, reine und tiefe Liebe macht mich so dankbar. Vor allem, weil es nicht in meiner Hand liegt, wieviel Zeit mir mit ihnen geschenkt wird.
«Lebe ich MEIN Leben?»
Eine Frage, die mich seit diesem ersten Ausbildungswochenende in regelmässigen Abständen immer wieder begleitet. Glücklicherweise kann ich sie momentan mit «JA» beantworten. Ich liebe mein Leben und bin zufrieden. Diese Erkenntnis ist beruhigend, denn wer weiss schon, wann die Sanduhr abgelaufen ist?
Natürlich ist nicht immer alles rosarot und eitel Sonnenschein, aber ich mag mein Leben. Das Mama- und Ehefrausein, meiner Berufung als Trauerbegleiterin nachzugehen und manchmal gegen den Strom zu schwimmen. Mein grosses Ziel ist es, nicht erst auf dem Sterbebett «aufzuräumen», sondern bereits auf meinem Lebensweg zu lieben, achtsam und intuitiv durch die Welt zu gehen, zu verzeihen, auszusprechen, was ich zu sagen habe und Frieden zu schliessen mit dem, was war, was ist und was kommt.
Der Tod meines Sohnes Manuels vor fünf Jahren hat hier Grosses bewirkt. Nichts passiert «einfach so». Auch wenn wir manchmal den Grund dafür nicht (oder noch nicht) nachvollziehen können oder vielleicht auch gar nicht wollen. Deshalb ist es mir so wichtig, mein Leben «à la Petra» zu leben und nicht nach den Vorstellungen anderer. Ich möchte in meinen letzten Stunden positiv, stolz und mit einem Lächeln im Gesicht auf meine Lebensgeschichte zurückblicken. Und mich auf ein Wiedersehen mit meiner Mama und Manuel freuen.
In diesem Sinne wünsch ich dir, dass du DEIN Leben lebst und vielleicht magst du ja teilen, wie du deine letzten 24 Stunden verbringen würdest.
Alles Liebe
Petratzt ist es tatsächlich soweit – mein erster Blog-Beitrag ist fertig! Und wie so oft im Leben, ist er ganz anders geworden, als ursprünglich geplant. Aber das ist in Ordnung und ich verlasse mich da auch in Zukunft gerne auf meine Intuition. Das heutige Thema liegt mir am Herzen, weil mir dadurch meine Haltung zum Leben und Sterben wieder einmal bewusst wurde und ich so den gedanklichen Stein für mein Wirken als Sterbe- und Trauerbegleiterin ins Rollen brachte. Ich hoffe, dass es dich nicht abschreckt, sondern eher inspiriert und auf positive Weise zum Nachdenken anregt.
«Stell dir vor, du hättest nur noch 24 Stunden zu leben»
Das war meine erste Aufgabe in der Ausbildung zur Sterbe- und Trauerbegleiterin. Puuh, was für ein sanfter Einstieg! Wie würde ich meinen letzten Tag gestalten? Eine Party feiern? Alle Menschen, die mein Leben bereichert haben, nochmal treffen? Lieber nur mit meinen Kindern und meinem Mann die letzten Stunden verbringen? Vielleicht noch irgendetwas Ausgefallenes, Verrücktes erleben? Oder für mich allein sein? So viele Möglichkeiten und doch so wenig Zeit. Würde ich überhaupt wissen wollen, dass ich bald sterbe? Was würde es ändern? All diese Fragen haben mich zum Nachdenken gebracht - über mich, mein Leben, mein Umfeld, meine Einstellung zum Leben und zum Tod.
Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Auch um meinen Mann oder meine Schwester müsste ich mir keine Sorgen machen. Sie wären traurig, ja. Aber sie würden irgendwie ohne mich zurechtkommen. Jedoch meine beiden Kinder zurückzulassen und ohne Mama aufwachsen zu wissen, würde mir das Herz brechen. Es wäre einfach noch zu früh.
«Schreibe einen Abschiedsbrief»
Bei der zweiten Aufgabe, einem Abschiedsbrief an meine Tochter und meinen Sohn, rollten hemmungslos die Tränen. Es erscheint unmöglich in einem Brief all meine Liebe zum Ausdruck zu bringen und alles zu sagen, was ich ihnen mit auf den Weg geben will. Zum ersten Schultag, bei ihrem ersten Liebeskummer, ihrer Hochzeit, zur Geburt ihrer Kinder... Unendlich viele Momente, in denen ich einfach sagen möchte «Ich liebe dich und ich bin stolz auf dich!». Es folgten noch weitere Briefe an die wichtigsten Menschen in meinem Leben. In jedem einzelnen ging es dabei auch um meine Kinder. Diese bedingungslose, reine und tiefe Liebe macht mich so dankbar. Vor allem, weil es nicht in meiner Hand liegt, wieviel Zeit mir mit ihnen geschenkt wird.
«Lebe ich MEIN Leben?»
Eine Frage, die mich seit diesem ersten Ausbildungswochenende in regelmässigen Abständen immer wieder begleitet. Glücklicherweise kann ich sie momentan mit «JA» beantworten. Ich liebe mein Leben und bin zufrieden. Diese Erkenntnis ist beruhigend, denn wer weiss schon, wann die Sanduhr abgelaufen ist?
Natürlich ist nicht immer alles rosarot und eitel Sonnenschein, aber ich mag mein Leben. Das Mama- und Ehefrausein, meiner Berufung als Trauerbegleiterin nachzugehen und manchmal gegen den Strom zu schwimmen. Mein grosses Ziel ist es, nicht erst auf dem Sterbebett «aufzuräumen», sondern bereits auf meinem Lebensweg zu lieben, achtsam und intuitiv durch die Welt zu gehen, zu verzeihen, auszusprechen, was ich zu sagen habe und Frieden zu schliessen mit dem, was war, was ist und was kommt.
Der Tod meines Sohnes Manuels vor fünf Jahren hat hier Grosses bewirkt. Nichts passiert «einfach so». Auch wenn wir manchmal den Grund dafür nicht (oder noch nicht) nachvollziehen können oder vielleicht auch gar nicht wollen. Deshalb ist es mir so wichtig, mein Leben «à la Petra» zu leben und nicht nach den Vorstellungen anderer. Ich möchte in meinen letzten Stunden positiv, stolz und mit einem Lächeln im Gesicht auf meine Lebensgeschichte zurückblicken. Und mich auf ein Wiedersehen mit meiner Mama und Manuel freuen.
In diesem Sinne wünsch ich dir, dass du DEIN Leben lebst und vielleicht magst du ja teilen, wie du deine letzten 24 Stunden verbringen würdest.
Alles Liebe
Petra
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